Querschläger - Kultband aus dem Lungau

Die Bettlerhochzeit

Historischer Hintergrund


Schon seit dem Mittelalter war im Salzburger Bergwerksort Ramingstein Edelmetallbergbau betrieben worden, vor allem Silber, Kupfer und Blei wurden dort abgebaut. Als sich um 1600 die Lager erschöpften, gerieten auch die Ramingsteiner Hüttenwerke in die Krise. In die stolzen Knappensiedlungen zog das soziale Elend ein. Viele Bergleute wanderten ab, wenige nur fanden ihr Auskommen in der alpinen Landwirtschaft oder in anderen Gewerben. Wer zurückblieb und weiterhin auf den Bergbau setzte, musste den Verfall der Reallöhne und beständig sich verschlechternde Überlebenschancen in Kauf nehmen. Es muss im Fasching 1688 gewesen sein, als in Ramingstein eine Gruppe von Jugendlichen und dörflichen Außenseitern eine Scherzhochzeit abzuhalten beschloss. Der Vater der 20jährigen Maria Trattnerin war verreist, und so war die Gelegenheit günstig, im Haus der Bergknappentochter das Fest stattfinden zu lassen. Selbstverständlich gebührte der Gastgeberin die Hauptrolle der Braut. Die "Praunmaidl", die wie die meisten ihrer Gäste vom Betteln ihren kärglichen Lebensunterhalt bestritt, wurde in einer den offiziellen Verheiratungsriten bis ins Detail nachempfundenen feierlichen Zeremonie, begleitet von einem üppigen Festmahl, Tanz und Geigenklängen, dem in bäuerlichen Diensten stehenden Joachim Grädenegger angetraut. Er war ein verarmtes, ins Bettlermilieu abgerutschtes Bergmannskind und 4 Jahre jünger als sie. Scherzhochzeiten spielten gerne mit solchen als grotesk empfundenen Diskrepanzen, damit die Teilnehmer etwas zum Lachen haben. Aber das Lachen über die offiziellen Riten sollte ihnen ihm Halse stecken bleiben. Diese Scherzhochzeiten waren von kirchlicher Seite, ebenso wie Karneval und "Maschkera" , verboten worden, da sie als blasphemischer Akt angesehen wurden. Im speziellen Fall wurde die Bettlerhochzeit als "schwarze Hochzeit" uminterpretiert, somit war der Teufel mit im Spiel. Hexenprozesse und gegenreformatorische Disziplinierungspolitik gingen in Salzburg Hand in Hand: Seit 1675 rollten die sogenannten "Zauberer-Jackl-Prozesse", die sich fast ausschließlich gegen Bettler richteten und das soziale Klima im Land entschieden verschärften. Die geistliche Obrigkeit begann ihren eigenen Untergrund zu fürchten. Sie witterte eine teuflische Verschwörung der fahrenden Unterschichten gegen Kirche und Staat und setzte dem folgenschwere Maßnahmen entgegen.

vgl. Norbert Schindler, "Historische Anthropologie" 1994 Heft 2, Böhlau Verlag, Köln